Enthält ein Erbvertrag eine Pflichtteilsstrafklausel mit einer aufschiebend bedingten Enterbung, so kann ein Pflichtteilsverlangen auf den Tod des Zuerstversterbenden nur bis zum Tod des Letztversterbenden zum Ausschluss der gesetzlichen Erbfolge führen (OLG Stuttgart, Beschluss vom 9.8.2017, 8 W 336/15).
Der Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart lag folgender Fall zugrunde: Aus der Ehe mit ihrem vorverstorbenen Ehemann sind zwei erbberechtigte Kinder der Erblasserin hervorgegangen. Die Ehegatten hatten einen Erbvertrag mit folgenden, hier gekürzt wiedergegebenen Regelungen geschlossen:
5. Wir setzen uns gegenseitig für alle Fälle als Alleinerben ein.
7. Verlangt ein Abkömmling auf den Tod des Zuerststerbenden den Pflichtteil, dann ist er und seine Abkömmlinge von der Erbfolge am Überlebenden ausgeschlossen.
Das eine Kind machte nach dem Tod des letztverstorbenen Elternteils seinen Pflichtteil am Nachlass des erstverstorbenen Elternteils geltend, woraufhin sich das andere Kind als Alleinerben erachtete.
Der Senat trat dieser Ansicht entgegen. Er begründete dies damit, dass der Erbvertrag keine Schlusserbeinsetzung bestimme, sondern es für den zweiten Todesfall bei der gesetzlichen Erbfolge belasse; mit der Pflichtteilsstrafklausel in Ziffer 7 des Erbvertrages ginge keine durch ein Pflichtteilsverlangen auflösend bedingte Erbeinsetzung auf den Tod des Überlebenden einher. Vielmehr regele die Strafklausel lediglich, dass ein Abkömmling, der auf den Tod des Zuerstversterbenden den Pflichtteil verlange, von der gesetzlichen Erbfolge nach dem Letztversterbenden ausgeschlossen sei; es sei daher eine aufschiebend bedingte Enterbung ohne Erbeinsetzung gemäß § 1938 BGB verfügt. Weil aber die gesetzliche Erbfolge mit dem Eintritt des zweiten Erbfalls bereits feststehe, könne sie nicht von Ereignissen nach dem Erbfall abhängen, deren Wirkung nicht wie bei der Ausschlagung oder der Feststellung der Erbunwürdigkeit auf den Zeitpunkt des Erbfalls zurückzubeziehen sei. Eine Enterbung könne nur dergestalt bedingt angeordnet werden, dass sie von einem vor dem Erbfall eintretenden Ereignis abhängig gemacht werde; im Übrigen sei die Enterbung bedingungs- und befristungsfeindlich. Demgemäß hätte ein Pflichtteilsverlangen auf den Tod des Zuerstversterbenden nach Ansicht des Senats nur bis zum Tod des Letztversterbenden zum Ausschluss von der hier zum Tragen kommenden gesetzlichen Erbfolge der Kinder zu gleichen Teilen führen können.