Der Erbe hat dem Pflichtteilsberechtigten auf Verlangen über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen, § 2314 BGB, weil der Pflichtteilsberechtigte ohne Kenntnis davon seinen Pflichtteilanspruch nicht durchsetzen kann. Der Pflichtteilsberechtigte kann dabei weiter verlangen, dass das Nachlassverzeichnis durch einen Notar aufgenommen wird. Immer wieder stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, inwieweit der Notar dabei eigene Ermittlungen anzustellen hat und unter welchen Voraussetzungen der Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten durch das notarielle Nachlassverzeichnis als erfüllt anzusehen ist.
Das Oberlandesgericht Koblenz entschied in diesem Zusammenhang kürzlich, dass Maßstab für die Beurteilung, ob die Auskunft vollständig gegeben wurde, nicht die Pflichten sind, die den Notar bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses treffen, sondern der Kenntnisstand und die Erkenntnismöglichkeiten des auskunftspflichtigen Erben (OLG Koblenz, Beschluss vom 30.04.2018, 1 W 65/18). Das Gericht führte zur Begründung aus, dass die Mitwirkung des Notars an der Erstellung des Nachlassverzeichnisses nichts daran ändere, dass auch das notarielle Nachlassverzeichnis eine Erfüllung der Auskunftspflicht des Erben ist, der die Verantwortung für dessen Richtigkeit und Vollständigkeit trägt. Die Aufnahme des Verzeichnisses durch den Notar als Amtsperson solle dem Pflichtteilsberechtigten lediglich einen höheren Grad an Richtigkeit der Auskunft gewährleisten als die Privatauskunft des Erben. Dem widerspräche es aber, wenn der Erbe durch das, den notariellen Ermittlungen verborgen gebliebene, Zurückhalten von Informationen oder dadurch, dass er den Auftrag an den Notar beschränkt, den Umfang seiner Auskunft gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten einschränken könnte. Wenn daher der Pflichtteilsberechtigte schlüssige Anhaltspunkte zu möglicherweise vorhandenem Nachlass oder pflichtteilsrelevanten lebzeitigen unentgeltlichen Zuwendungen und insbesondere Schenkungen vorträgt, muss der Erbe dazu konkrete Antworten geben respektive hat der Notar diesen Anhaltspunkten nachzugehen und diesbezüglich eigene Ermittlungen anzustellen, ansonsten der Auskunftsanspruch des Pflichtteilsberechtigten nicht erfüllt ist. Zu diesen Ermittlungen gehört z. B. auch die Einsichtnahme in die Kontoauszüge und Bankunterlagen des Erblassers für einen Zeitraum von zehn Jahren vor dem Erbfall.